„Der Kampf um die Deutsche Fußballmeisterschaft“. Selten passte ein Titel besser als in den Endspielen 1922. Aus heutiger Sicht ist es kaum noch vorstellbar, was die Spieler in den Finalspielen durchgemacht haben. Ebenso wenig vorstellbar sind die Entscheidungen, die zu einem bis heute einmaligen Ergebnis führten – einem Jahr ohne Deutschen Meister.
Aber was passierte in diesem Sommer 1922 und darüber hinaus? Wir versuchen den Ereignissen auf die Spur zu kommen und haben viele Originalquellen aus dieser Zeit durchforstet.
Der Endkampf um die Deutsche Fußballmeisterschaft fand am 18. Juni 1922 im Deutschen Stadion in Berlin statt. Auf der einen Seite stand der „Club“, der amtierende Deutsche Meister und das Maß aller Dinge in der damaligen Zeit – der 1. FC Nürnberg. Auf der anderen Seite wartete der Hamburger Sportverein, ein recht neuer Verein, gerade mal drei Jahre vorher aus dem Zusammenschluss der Hamburger Vereine HFC von 1888, SC Germania von 1887 und dem FC Falke von 1906 entstanden.
Die Favoritenrolle war damit klar verteilt. Dass allerdings der Club überhaupt im Finale stehen konnten, verdankte er der Regel, als Deutscher Meister automatisch für die Endrunde qualifiziert zu sein. Denn in der Süddeutschen Meisterschaft wurde überraschend der FC Wacker München Meister, nachdem der 1. FC Nürnberg gegen den Rivalen aus Fürth ausgeschieden war.
Im Norden setze sich der H.S.V. durch und wurde Norddeutscher Meister.
In der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft setzte sich der H.S.V. mit 5:0 gegen den Nordostdeutschen Vertreter Titania Stettin durch und traf im Halbfinale auf den Süddeutschen Meister aus München. In einem berauschenden Spiel besiegte der H.S.V. Wacker in Frankfurt mit 4:0 und stand damit erstmals im Endspiel.
Der 1. FC Nürnberg besiegte erst den Mitteldeutschen Meister der SpVgg 1899 Leipzig-Lindenau mit 3:0 und setzte sich anschließend im Halbfinale mit 1:0 gegen den Meister aus Brandenburg, SV Norden-Nordwest 98 Berlin, durch.
Somit kam es zum Endspiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem Hamburger Sportverein.
Der erste Akt
Der Sonntag, der 18. Juni 1922 ist ein verregneter Tag in Berlin. Allerdings klart der Himmel zum Nachmittag hin auf und es bleibt trocken. Im Deutschen Stadion im Berliner Grunewald, dem Vorgängerbau des Olympia-Stadions, finden sich um die 40.000 Zuschauer ein. Beide Vereine haben Sonderzüge für ihre Anhänger organisiert.
Um 17:00 Uhr pfeift Schiedsrichter Peco Bauwens das Spiel an. Von Beginn an entwickelt sich ein Kampfspiel mit vielen Unterbrechungen. Insbesondere die Spieler aus Nürnberg fallen durch rohes Spiel auf, obwohl sie ihre überlegene Technik hätten nutzen können. Schiedsrichter Bauwens muss das Spiel häufig unterbrechen und auf Strafstoß (heute sagt man Freistoß) entscheiden. Jede Ermahnung der Spieler bleibt ergebnislos, es wird weiter gefoult.
In der 18. Minute setzt sich Hamburgs Stürmer Harder wunderbar durch und spielt auf den mitgelaufenen Rave, der den Ball an Torhüter Stuhlfauth vorbei ins Netz schiebt. 1:0 für den Hamburger Sportverein. Die Zuschauer jubeln. Doch der Jubel ist noch nicht verhallt, da setzt sich Träg auf der anderen Seite durch und trifft zum 1:1 Ausgleich. Der Jubel verstummt. Die Sympathien der Berliner Zuschauer sind mit den Hamburgern. Zu roh und ruppig ist das Spiel der Süddeutschen.
Während Nürnberg häufig mit Kombinationen durch die Mitte spielt, versuchen die Hamburger über schnelles Flügelspiel ihren Torjäger Harder in Szene zu setzen. Nach einer Ecke kommt der Hamburger Torwart Martens zu Fall und wird von einem Nürnberger Stürmer mit dem Fuß im Gesicht getroffen und muss minutenlang behandelt werden. Der Aufschrei der Zuschauer ist groß und die Nürnberger Spieler werden mit Pfiffen bedacht.
Nach der längeren Behandlungspause kann Martens das Spiel fortsetzen, wirkt aber noch etwas benommen. Kurze Zeit später erzielt Popp nach einer Vorlage von Riegel das 2:1 für Nürnberg mit einem satten Linksschuss. Vielleicht hätte Martens den Ball abwehren können, wenn er nicht noch mit den Nachwirkungen des Kopftreffers zu kämpfen gehabt hätte – wer weiß…
Die Nürnberger versuchen nun jeden Angriffsversuch der Hamburger bereits frühzeitig zu unterbinden, meistens mit unfairen Mitteln. Es reiht sich ein Strafstoß an den anderen. So geht es weiter mit der 2:1 Führung für die Süddeutschen in die Halbzeitpause.
In der zweiten Halbzeit kommen die Hamburger besser ins Spiel und erspielen sich gute Gelegenheiten. Dann setzt sich Harder gegen mehrere Verteidiger durch und wird anschließend dennoch gefoult, spielt aber direkt weiter und erzielt ein Tor. Allerdings hat Schiedsrichter Bauwens vorher auf Strafstoß entschieden, das Tor zählt nicht. Die Verärgerung bei den Spielern und Zuschauern ist groß.
Die technische Unterlegenheit gleichen die Hamburger mit Einsatz aus und sind inzwischen überlegen. Mitte der zweiten Halbzeit wird das Spiel wieder ruppiger. Immer wieder gibt es Unterbrechungen, einige Spieler wirken angeschlagen und humpeln über den Platz. Der Unmut der Zuschauer wird größer, da es kaum noch zu spielerischen Aktionen kommt, zu oft ist das Spiel unterbrochen und Spieler müssen behandelt werden. Auswechslungen gibt es damals noch nicht.
Die Schlussphase bricht an, die Hamburger rennen weiter dem Rückstand hinterher. Dann gibt es eine Ecke für den H.S.V., die Rave tritt, direkt auf Flohr, der den Ball direkt aus der Luft nimmt und im Nürnberger Tor versenkt. Der Jubel kennt keine Grenzen – 2:2 Ausgleich!
Dann ist Schluss und das Spiel geht in die Verlängerung von zwei Mal 15 Minuten. In der ersten Hälfte passiert nicht viel, den Spielern sind nun die Anstrengungen der regulären Spielzeit anzumerken. Auch die zweite Halbzeit bringt keine Entscheidung. Somit wird jetzt bis zur Entscheidung weitergespielt. Das Spiel wird jeweils um 15 Minuten verlängert.
Beide Teams wirken K.O. und schaffen es kaum noch vernünftiger Angriffe zu spielen. Inzwischen bleiben die meisten Spieler hinten und verteidigen das eigene Tor. So vergeht Viertelstunde um Viertelstunde. Inzwischen hat die Dämmerung eingesetzt. Für die Zuschauer ist der Ball immer schwerer zu erkennen. Nach 60 Minuten pfeift Dr. Bauwens zur Unterbrechung und sackt selbst zusammen. Auch der Schiedsrichter muss nun behandelt werden. Die Spieler liegen auf dem Rasen und lassen sich massieren.
Nach 65 Minuten in der Verlängerung der Verlängerung hat Schiedsrichter Dr. Bauwens ein Einsehen mit den Spielern und pfeift das Spiel beim Stand von 2:2 ab. Die Spieler sacken vor Erschöpfung zusammen. Mit zahlreichen Blessuren, aber ohne Entscheidung fahren die Spieler und Fans wieder zurück nach Hamburg. Wie wird es weitergehen? Wird es ein Wiederholungsspiel geben? Große Lust erneut gegen die teils unfair spielenden Nürnberger anzutreten, verspüren die Hamburger nicht.
Der zweite Akt
Nachdem es im ersten Endspiel trotz 185 Minuten Spielzeit keinen Sieger gab, sollte der Deutsche Fußballmeister in einer Neuauflage des Finales am 6. August 1922 ermittelt werden. Als Spielort wurde das neue V.f.B.-Stadion in Leipzig, unweit des Völkerschlachtdenkmals, erwählt. Der Andrang ist groß, so groß, dass bereits Stunden vor dem Anpfiff das Stadion gut besucht ist. Es bilden sich lange Schlangen vor dem Einlass, selbst für die beiden Mannschaften ist kaum ein Durchkommen. Die Zugänge werden quasi überrannt. 45.000 Karten wurden verkauft, im Stadion sind gut 60.000 Zuschauer und nicht jeder, der eine Karte besitzt, kommt hinein. In dem Gedränge kommt es zu einigen verletzten Zuschauern.
Zum geplanten Anpfiff um 16 Uhr kommen die Hamburger Spieler auf den Platz, die Nürnberger fehlen und warten bis im Stadion halbwegs für Ordnung gesorgt wurde. Um 16:30 Uhr sind beiden Mannschaften auf dem Platz und Schiedsrichter Dr. Bauwens kann das Endspiel anpfeifen.
Nachdem das erste Endspiel in Berlin sehr ruppig geführt wurde, ermahnt der Schiedsrichter beide Mannschaften vor dem Spiel zur sportlichen Fairness. Die Spieler begrüßen sich per Handschlag.
Nürnberg hat Anstoß und übernimmt gleicht die Initiative. Es scheint, als wollen die Süddeutschen eine frühe Entscheidung erzwingen. Sie setzen sich in der Hamburger Hälfte fest und kommen zu einigen Chancen. Erst nach einer Viertelstunde kann der H.S.V. das Spiel offener gestalten und kommt selbst zu ersten Möglichkeiten. Einen schnellen Angriff vereitelt Nürnbergs Torhüter Stuhlfauth mit einem Handspiel außerhalb des Strafraums. Der fällige Strafstoß (Freistoß) bringt nichts ein.
Die Nürnberger sind den Norddeutschen technisch überlegen, insbesondere mit dem bekannten Kombinationsspiel durch die Mitte. Eine schöne Kombination von Riegel, Bös, Träg und Popp kann der Hamburger Verteidiger Beier gerade noch klären. Kurz darauf kann Beier erneut einen Angriffsversuch der Nürnberger in höchster Not klären. Der Nürnberger Bös ist darüber so aufgebracht, dass er auf den Hamburger Verteidiger zuläuft und ihm einen Tritt vor die Brust versetzt. Der Schiedsrichter verweist Bös daraufhin in der 38. Minute vom Feld, nachdem er sich mit den Linienrichtern abgestimmt hat. Anders als im ersten Endspiel hat sich Dr. Bauwens offensichtlich vorgenommen, die unfaire Spielweise einzelner Spieler nicht erneut durchgehen zu lassen. Die Nürnberger Spieler umringen den Schiedsrichter und protestieren. Die Anhänger der Süddeutschen pfeifen. Beier muss zur Behandlung vom Platz getragen werden, doch nach einer längeren Behandlungspause kann der Hamburger Verteidiger das Spiel fortsetzen.
Mit dem 0:0 geht es in die Pause. Drei Minuten nach dem Wiederanpfiff kommt Nürnberg direkt zu einer Kombination von Riegel, Popp und Träg, der diese mit einem satten Schuss von halblinks aus gut 20 Metern im Tor versenkt. Es steht 1:0 für Nürnberg. Beim Gegentor sehen die Verteidigung um Beier und Torwart Martens nicht gut aus.
Der H.S.V. scheint geschockt und fängt sich fast direkt im Anschluss das zweite Tor. Die Süddeutschen haben nun Oberwasser und können ihr schönes Kombinationsspiel aufziehen. Gegenangriffe der Hamburger verpuffen bereits im Ansatz. Sturmtank Harder hat keinen guten Tag erwischt. Die wenigen Möglichkeiten, die sich ihm bieten, vergibt er kläglich, u.a. freistehend vor Stuhlfauth.
Mitte der zweiten Halbzeit können die Hamburger das Spiel wieder offener gestalten und werden immer überlegener. Harder spielt bei einer seiner wenigen guten Aktionen einen Pass in den Lauf von Schneider, der mit einem strammen Schuss aus 20 Metern unhaltbar vollendet. Der verdiente Ausgleich nach 68 Minuten wird von den Spielern und Zuschauern lautstark bejubelt.
In der 72. Minute wird Harder bei einem Durchbruch unsanft von mehreren Nürnberger gestoppt. Er stößt mit Kugler zusammen, der verletzt vom Platz humpelt. Er kommt aber nach einer Behandlung zurück auf das Feld. Er ist allerdings so angeschlagen, dass er kaum noch am Spiel teilnehmen kann.
Nun drängen die Hamburger auf den Siegtreffer. Stuhlfauth kann mehrere Gelegenheiten von Schneider und Harder abwehren. Nürnberg bleibt mit Gegenstößen gefährlich, kann diese allerdings durch die Unterzahl nicht richtig ausspielen. Eine letzte Chance kurz vor dem Abpfiff vergibt Breuel, der an Stuhlfauth scheitert. Dann pfeift Dr. Bauwens beim Stande von 1:1 ab. Es geht erneut in die Verlängerung.
In der Pause sitzen die beiden Torleute Martens und Stuhlfauth Arm in Arm auf dem Feld und unterhalten sich freundschaftlich. Das zeigt, dass es trotz aller Rivalität auch sportlich fair zugehen kann.
Um 18:30 Uhr wird die erste Halbzeit der Verlängerung angepfiffen. Nürnberg möchte erneut eine schnelle Entscheidung und spielt nach vorne. Die Gegenangriffe des H.S.V. landen im Abseits. Doch dann kann sich Breuel durchsetzen und schießt ans Außennetz. Der Jubel der Zuschauer, die den Ball bereits im Tor gesehen haben, verstummt. Aber die Norddeutschen sind nun besser im Spiel. Der Nürnberger Träg holt Halvorsen von den Beinen, der vom Feld getragen werden muss. Bei der nächsten Aktion tritt Träg dem Hamburger Verteidiger Beier, der bereits am Boden liegt, gegen den Kopf. Erneut muss Schiedsrichter Dr. Bauwens einen Nürnberger des Feldes verweisen. Die Zuschauer pfeifen die Nürnberger aufgrund ihrer unfairen Spielweise aus und Träg lässt sich beim Verlasen des Feldes zu einer unsportliche Geste hinreißen.
Es geht mit 9 gegen 9 weiter. Bei Nürnberg fehlen die beiden vom Platz gestellt Spieler Träg und Bös, bei den Hamburger die beiden verletzten Beier und Halvorsen. Kugler, der bereits seit seiner Verletzung als Statist auf dem Platz steht, kann auch nicht mehr weiterspielen und verlässt den Platz. Auf der anderen Seite können Beier und Halvorsen nach der Behandlung auf das Feld zurückkehren.
Nach 15 Minuten pfeift Dr. Bauwens zur Pause. Der Nürnberger Popp, der bereits angeschlagen ist, bricht mit dem Pausenpfiff zusammen und kann nicht weiterspielen. Dr. Bauwens beendet daraufhin die Begegnung, da Nürnberg nur noch 7 Spieler auf dem Feld hat. Nach den Regeln wird der Hamburger Sport-Verein zum Sieger und damit zum Deutschen Fußballmeister 1922 erklärt. Die Spieler benötigen einen Augenblick, um zu realisieren, dass sie gerade den Titel geholt haben. Dann bricht der Jubel bei der Mannschaft und den Zuschauern aus, die ihre H.S.V. Fahnen schwenken.
Das Nachspiel
Somit schien alles klar. Der H.S.V. holt seine erste Deutsche Meisterschaft 1922. Doch was dann folgte, sorgte für viele Diskussionen in ganz Deutschland. Dabei war die Sicht der Dinge durchaus unterschiedlich.
Für einen Großteil der Fußballfans und der Presse war klar, dass der H.S.V. zurecht Deutscher Meister geworden ist. Den Regeln entsprechend wurde das Spiel beendet, da Nürnberg nicht mehr genug einsatzfähige Spieler auf dem Feld hatte. Daraus folgt, dass der H.S.V. zum Sieger erklärt wurde. Die Hamburger wurden auch zum moralischen Sieger erklärt, da bei Nürnberg zwei Spieler durch unfaire Spielweise vom Platz gestellt wurden.
§2 der DFB-Regeln besagt: „Jede Partei spielt mit 11 Mann. Bei keiner Partei dürfen mehr als drei Mann fehlen. Für einen ausscheidenden Spieler darf kein neuer eigenstellt werden.“
Weiter heißt es in §8: „Der Schiedsrichter entscheidet alle Streitfragen. Seine Entscheidungen über alle mit dem Spiel verknüpften Tatsachen sind unanfechtbar.“
Die Eindeutigkeit dieser Regeln lassen keine andere Entscheidung zu. Nur in Nürnberg sah man das anders. Dort wurde bereits am Tag nach dem Leipziger Endspiel davon gesprochen, Protest einzulegen. Es ging sogar so weit, dass aufgebrachte Anhänger der Süddeutschen eine Sportredaktion in Nürnberg stürmten, die den H.S.V. zum Sieger erklärt hatte. Daraufhin erklärte die Zeitung am nächsten Tag Nürnberg zum moralischen Sieger.
Auch Tage nach dem Endspiel wurde noch gestritten, wie es mit dem Urteil weitergeht. Der D.F.B. schlug, vom Süddeutschen Fußballverband forciert, ein Entscheidungsspiel am 8. September in Mönchengladbach vor. Doch der Norddeutsche Fußballverband und der H.S.V. lehnten dieses ab. Der Deutsche Spielausschuss sollte auf der nächsten Versammlung eine Entscheidung treffen.
Am 19. August trat der Spielausschuss in Hildesheim zusammen und fasste folgenden Beschluss:
„Der Bundesspielausschuß erklärt den Hamburger Sportverein als Sieger des Schlußspiels, weil der 1. Fußballklub Nürnberg wegen des unsportlichen Verhaltens zweier seiner Mitglieder, das deren Ausschließungen zur Folge hatte, den Abbruch selbst verschuldete. Boes wird auf Grund des Schiedsrichterberichts wegen wiederholten höchst unsportlichen Verhaltens bis zum 3. Juni 1923 disqualifiziert. Der Mannschaftsführer Träg (1. Fußballklub Nürnberg) und der Spieler Agte (H.S.V.) werden wegen unsportlichen Verhaltens mit einem öffentlichen Verweis bestraft. Diese Entscheidung erhält Rechtskraft, wenn es binnen 14 Tagen gemäß § 71 der Bundessatzungen beim Bundesvorstand nicht angefochten wird.“
Die Nürnberger hatte nun bis zum 17. September Zeit gegen die Entscheidung des Spielausschusses Protest einzulegen. Warum diese Frist fast einen Monat und nicht die festgesetzten 14 Tage betrug, lässt sich nur mit dem großen Einfluss des Süddeutschen Fußballverbandes beantworten.
Der D.F.B. schrieb an den Norddeutschen Fußballverband:
„Wie wir von dem Süddeutschen Fußballverband erfahren, beabsichtigt der 1.F.C. Nürnberg gegen das Urteil des Bundesspielausschusses wegen der Deutschen Fußballmeisterschaft Berufung einzulegen. Die Berufungsfrist läuft für Nürnberg am 17. September ab. Da am 17. September in Würzburg eine Bundesvorstandssitzung stattfinden wird, könnte die Berufung dort verhandelt werden. Wir stellen Ihnen und dem Hamburger Sport-Verein eine Vertretung anheim, bemerkten jedoch, daß von uns Vertretungskosten nicht gezahlt werden. Die Verhandlungen werden um 10½ Uhr im Hotel Schwan a. Main stattfinden. Wir bitten Sie, den H.S.V. zu benachrichtigen und uns hiervon gefällige Mitteilung zu gehen lassen.“
Am 17. September fand nun die Vorstandsitzung des D.F.B statt. Da die Nürnberger ihren Protest erst kurz vor der Sitzung einreichten, protestierte der Norddeutsche Fußballverband und der H.S.V. energisch. Es sei keine Zeit, um auf den Protest genauer eingehen zu können. Zudem sehe man den D.F.B. Vorstand als nicht zuständig an. Der Vorstand widersprach und ließ die Verhandlung zu. Unter Protest verließen die Vertreter des H.S.V. und des Norddeutschen Fußballverbandes die Verhandlung unter Vorbehaltung weiterer Schritte.Der D.F.B. entschied, dass die Meisterschaft Unentschieden gewertet werden sollte und widersprach damit der eigentlich höchsten Instanz, dem Spielausschuss. Somit war immer noch nicht endgültig geklärt, wer Deutscher Fußballmeister 1922 ist.
Der letzte Akt
Am 18. November fand der letzte Akt in diesem unrühmlichen Spiel statt. Die D.F.B.-Bundestagung in Jena. Stundenlang wurde gestritten, bis es dann doch noch eine Entscheidung gab.
Das Urteil des Bundesvorstandes (kein Sieger) wurde nicht anerkannt. Allein zuständig sei der Spielausschuss und der hatte den H.S.V. zum Deutschen Meister erklärt. Damit war die Entscheidung gefallen.
Doch die Hamburger erklärten daraufhin, keinen Anspruch auf die Meisterschaft zu erheben. Man sei der sportlichen Meinung, dass man auf dem Platz gewinnen müsse.
„Der Hamburger Sportverein verzichtet, nachdem er sein Recht bekommen, auf die diesjährige Meisterschaft am grünen Tisch“
Immer wieder wurde erzählt, dass der H.S.V. zum Verzicht gedrängt wurde. Wie auch immer, 1922 bleibt als das Jahr ohne offiziellen Meister in Erinnerung, auch wenn diese Entscheidung fast ein halbes Jahr gedauert hat. Ein Jahr später setzte sich der H.S.V. im Finalspiel durch und wurde Deutscher Meister 1923.
- Ab 1967 durfte ein verletzter Spieler ausgewechselt werden, ab 1968 waren zwei Wechsel erlaubt und ab 1995 konnte dreimal gewechselt werden.
- Gelbe- und rote Karten wurden 1970 eingeführt, 1991 kam die Gelb-Rote-Karte hinzu.
- Erst 1976 wurde das Elfmeterschießen eingeführt, wenn ein Spiel nach der Verlängerung weiterhin Unentschieden ist.
Eine Antwort zu “1922 – Das Jahr ohne Meister”
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